Montag, 15. Juni 2015

Margret Eicher, Ladenburg

* 1955

Margret Eichers Medientapisserien befinden sich auf der Schnittstelle zwischen "im traditionellen Sinn materiellen Kunstwerken und dem elektronischen Rauschen des Digitalen."
"Es sind die zeitgenössischen trivialen Bildklischees der Illustrierten und des Internet, die mich anziehen; die grelle, verlogene Schönheit der High-End-Oberflächen, in der sich Zeitgeschehen und Menschenbild spiegeln. Durch eine vielschichtige digitale Neuorganisation reduziere ich diese Ausrisse alltäglicher Medien auf ihre implizierten Definitionen menschlichen Daseins. Die von mir zitierte Bildform der höfischen Tapisserie verwebt das heutige Ereignisbild unter meiner Regie: die Katastrophe, das Portrait, die Figurenszene verlassen ihre flüchtige Trivialität und erhalten typisierenden Charakter."


Apokalypse, Digitale Montage, Jacquard, 2013
 300 x 300cm
Foto: Jan Brockhaus, Berlin
Das Urteil des Paris, Digitale Montage, Jacquard, 2013
300 x 500cm
Foto: Jan Brockhaus, Berlin

"Das gefundene, öffentliche fotografische Vor-Bild ist Ausgangspunkt meiner Bildsprache, weil unser Bewusstsein und Lebensgefühl unentrinnbar von medialer Information gespeist ist. Bis in entlegene Zonen der Erde ist Denken, Wissen und Fühlen der zeitgenössischen Menschen kaum unmittelbar, privat oder zwischenmenschlich geprägt, sondern vom öffentlichen „Bild“ über die Dinge und Sachverhalte bestimmt. Die journalistische Fotografie erhebt den Anspruch, Realität abzubilden, die Werbefotografie definiert verbindliche Menschenbilder. Wir benötigen inzwischen offensichtlich die Vermittlung dieser Bilder, um unverzichtbare Orientierungen, Vorstellungen und Überzeugungen zu gewinnen. Dieser Totalität des Medienfotos trete ich entgegen, indem ich es aneigne, neu platziere und in meine inhaltlichen und künstlerischen Kontexte transformiere."



Ausstellungsansicht, Heroes 1 und Heroes 2
 Digitale Montage, Jacquard, 2012, je 300 x 300 cm, Schloss Roskow
 Foto: Jan Brockhaus, Berlin

"Es kann als ein Akt der „offenen Piraterie“ (Dan Cameron in einem Interview mit Sherrie Levine, 1987) aufgefasst werden, in dem das fotografische Vorbild subjektiviert wird. Je deutlicher seine Bearbeitung sichtbar wird, umso schwächer und geringer lässt sich sein ursprünglich fotografischer Objektivitäts-, also Wahrheitsanspruch aufrechterhalten. Die Rezeption der Medienbilder ist Teil meines kreativen Prozesses, im „selektiven Konsum wird eine kulturelle und damit auch politische Aussage getroffen“ (Stefan Römer, Fake, 2001) Diese Haltung zum fremden Foto ist den künstlerischen Positionen verwandt, für die der Begriff „Appropriation Art“ geprägt wurde. Der Begriff „Appropriation“ bezieht sich unter anderem auf „die kritische Intention der ersten politisch motivierten Collagisten und Benjamins Montagebegriff“ (Stefan Römer), Intentionen, mit denen die Genese meines Werkes seit langem stark verbunden ist. In der Konfrontation und Verschränkung des historischen Repräsentanzmediums - der höfischen Tapisserie - und heutiger Kommunikationsmedien wird die Wirkungsmacht des Bildes erlebbar und damit die Tragweite der verschlüsselten, komplexen Wertaussagen und Weltbilder."

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